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Foto: Imbiss-Tisch von oben (Copyright: StockSnap - pixabay.com)

Außer-Haus-Essen ist noch lange nicht regional genug

Die nordrhein-westfälische Landespolitik misst der Regionalität bei der Außer-Haus-Verpflegung eine wichtige Bedeutung bei. Ob in Schulen, Kitas oder betrieblichen und institutionellen Kantinen – Essen wird immer häufiger auch aus regionalen und saisonalen Lebensmittel gemacht.
Und in der regionalen Gastronomie und bei der Selbstversorgung der Verbraucherinnen und Verbraucher wird die regionale Herkunft der Lebensmittel ebenfalls zunehmend goutiert.
Dennoch hat diese Entwicklung noch ‚viel Luft nach oben‘: die Information und Aufklärung der Verbraucher:innen müssten intensiviert und verbessert werden, denn mit ihren Forderungen und Kaufentscheidungen gestalten sie den Markt mit.
Wir wollten von zwei Mitgliedern des Ernährung-NRW e. V., die sich mit Dienstleistungen in der Gastronomie betätigen, wissen, wie sie die Bedeutung von Regionalität bei ihrer Kundschaft einschätzen. Wie ist es um ihre Vernetzung mit regionalen Produzenten bestellt oder auch, was müsste sich womöglich ändern, um die Außer-Haus-Gastronomie noch regionaler zu machen.

Foto: Timo Winter (Copyright: Timo Winter)
Timo Winter (© Timo Winter)

Timo Winter und sein Team bewerben ihr weit über den Mülheimer Standort hinaus bekanntes Imbiss-Angebot und ihre Handmade-Produkte mit „ehrlich, ruhrgebietstypisch und natürlichen Ursprungs“. Dies gilt für die Curry-Sauce in drei Schärfegraden, die inzwischen auch bei vielen Handelspartnern in NRW gelistet ist, wie für das Fleisch vom Duroc-Schwein, die Kartoffeln und das Gemüse, die sich in den Imbiss-Spezialitäten und in gutbürgerlichen und internationalen Gerichten auf der Wochenkarte und im Catering-Tourbus wiederfinden.
Die Saucen werden in der dem Imbiss angeschlossenen Produktionsstätte eigenhändig gekocht, in Gläser abgefüllt und verschraubt. Das Gemüse und die Kartoffeln, deren Eigenschaften je nach Saison und Lagerung variieren, werden von Hand geschnitten und verarbeitet.
Wir wollten von Timo Winter wissen, wieviel ‚regional‘ in all dem steckt und wie wichtig ihm das ist?
„So viel regional wie möglich – wenn die Qualität stimmt – und so viel überregional und international wie nötig – wenn’s nicht anders geht“, lautet seine Devise.
Er weiß, „manchmal wird die Regionalität halt von der Realität eingeholt.“ So kommt das von ihm favorisierte Tomatenmark aus Portugal, das beste Curry aus Übersee. Das hochwertige Duroc-Fleisch aber stammt aus Reken und wird in Oberhausen verarbeitet. Die Kartoffeln kommen aus dem benachbarten Ratingen und saisonales Gemüse und Obst immer von heimischen Erzeugern – und dies schon seit vielen Jahren. Diese Strukturen hat er sich über die Jahre durch persönlichen Austausch, Empfehlungen und Vermittlung selber aufgebaut. „Auf offizielle Initiativen hätte ich vergeblich gewartet“, resümiert Timo Winter.
Der Unternehmer weiß um den hohen Wert der verlässlichen und vertrauensvollen Zusammenarbeit und der kurzen Wege im Sinne von Qualität und Ressourcenschonung.
„Qualität, Ehrlichkeit und Authentizität, aber auch eine Kundschaft, die mitzieht und das nötige Quentchen Stolz und Lokalpatriotismus mitbringt, tragen zum Markenaufbau bei“, ist Timo Winter überzeugt. Viele Kundinnen und Kunden, mit denen er sich austauscht, insbesondere jüngere Menschen, reflektieren die regionalen Herkünfte der Lebensmittel und Zutaten, die sein Angebot so wertig machen. Mit diesen Gesprächen hofft er, zu noch mehr Informiertheit und einem kritischen Blick auf Herkunfts-, Haltungs- und Werbeversprechen beizutragen. „Aber leider werden viele kleine Lebensmittelhandwerksbetriebe und Gastronomieunternehmen auch durch engstirnige und unverhältnismäßige Gesetze und Forderungen von Kommunen, Land, Bund und EU zum Aufgeben gezwungen, was den ‚Großen‘ in die Hände spielt“, stellt er fest.

Foto: Dennis Gasper (Copyright: Dennis Gasper)
Dennis Gasper (© Dennis Gasper)

Nach vielen Jahren als Küchenmeister eines Weltkonzerns hat sich Dennis Gasper auf Koch-Coaching bzw. Gastronomieberatung und eine Online-Live-Kochschule spezialisiert. Er coacht Professionals, die sich bestmöglich zukunftsfähig aufstellen und für ihr Angebot Alleinstellungsmerkmale schaffen wollen, die ihr ‚echtes‘ vom Industrieessen unterscheiden, aber auch Einzelpersonen und Teams aus dem Privatkunden- oder Unternehmensbereich. Je nach Anforderungen berät er zu Einkauf, Personal, Küchenorganisation, Standort, Netzwerkarbeit und Gästebewirtung, aber auch zu Essensplänen, Ernährungsformen, Ressourcenschonung und vielem mehr.
Die Teilnehmenden seiner Online-Live-Kochschulkurse sind Einzelpersonen, private Haushalte, Freundeskreise usw. auch im Rahmen eines Events. Oder es sind Menschen, die sich für’s Kochen interessieren bzw. dafür interessiert werden wollen oder die ihr Gesundheitsmanagement auch über die Ernährung definieren. Das Anliegen von Dennis Gasper ist, seine Klientel vom durchdachten, möglichst regional ausgerichteten Planen und Einkaufen über Vor- und Zubereitung mit Freude und Passion zum Genuss abwechslungsreicher, leckerer und gesunder Mahlzeiten zu motivieren.
Wir fragten, an welcher Stelle für ihn die Transparenz bei Lebensmitteln am wichtigsten ist?
„Das ist die Herkunft, weil sie Fragen nach Haltungsform, Kultivierung oder auch der vielzitierten Nachhaltigkeit meist gleich mit beantwortet. Und wenn ich bei meinem Lebensmittelpunkt Düsseldorf einen Umkreis von 50 Kilometern noch als ‚regional‘ definiere, akzeptiere ich auch, dass ich dann schon in Holland bin“, stellt er fest.
Der Großteil seiner Coaching-und Kursteilnehmenden favorisiert die Attribute „frisch, regional, saisonal und gesund“ für zu verarbeitende Lebensmittel und „reflektiert bzw. hinterfragt“, so Dennis Gasper,“was tatsächlich ‚von hier‘ kommt und was marketinggetrieben im Handel gepriesen wird“. Er bedauert, dass es sowohl im Handel als auch in der Gastronomie zu vielen schlechten Nahrungs- und Genussangeboten zu leicht und hochwertigen, auch regionalen, ökologischen und gesundheitsfördernden zu schwer gemacht wird. „Wir sehen uns mit zahllosen Auflagen, Gesetzen und Verordnungen zu Hygiene, Lagerung, Lebensmittelunverträglichkeiten, Allergien oder kulturell-religiösen Anforderungen konfrontiert, und ich würde mir wünschen, dass in dieser Hinsicht alle gleich behandelt würden. Ich finde, es müsste belohnt werden, z. B. monetär, wenn Gastronomie und Außer-Haus-Verpflegung zu einem vorgegebenen Prozentsatz regionale und gerne auch ökologische Erzeugnisse einsetzen“, findet Dennis Gasper.
Dies führt dann natürlich zwangsläufig zu der Frage nach den Verfügbarkeiten und vor allem dem Miteinander und Netzwerken von regionalen Erzeugern und Nutzern. „Leider“, so Dennis Gasper, „gibt es ein solches Miteinander meiner Meinung nach nicht, weil dies niemand nachdrücklich initiiert und fördert.“ Auch deshalb ist die Wissensvermittlung rund um unsere Lebensmittel eines der Hauptanliegen des Koch-Pioniers.
Wie Timo Winter sieht er den Hebel hierfür bei den Verbraucher:innen: „Damit sich das Angebot verändert, muss sich die Nachfrage verändern. Die Menschen müssen Wert auf gut gemachte Nahrung legen, ihr Einkaufs- und Kochverhalten und ihre Gastronomienutzung regelmäßig, und Marketing-Strategien und Labels kritischer hinterfragen.

Beitragsfoto: © StockSnap – pixabay.com

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