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Illustration: Food Waste (Copyright: canva.com)

Ein bisschen die Welt retten, oder zumindest viel besser machen

Daran sollten wir alle mitwirken. No Food Waste und Lebensmittelrettung müssen selbstverständlich werden und inzwischen gibt es zahlreiche Plattformen und Apps, die uns dabei unterstützen.

Einige davon wollen wir hier vorstellen, denn in Deutschland werden jährlich zwischen 11 und 12 Millionen Tonnen Lebensmittel entlang der Wertschöpfungskette verschwendet, d. h. sie landen im Müll. Ca. 30 % bereits in der Landwirtschaft, Produktion und Weiterverarbeitung. Aber auch im Handel, in Gastronomie und privaten Haushalten wird viel zu viel Essbares weggeworfen. Mit durchschnittlich 80 kg Lebensmittel jährlich „für die eigene Tonne“ trägt jeder von uns persönlich einen sehr maßgeblichen Teil dazu bei.

Die Gründe für diese Verschwendung sind vielfältig und in den allermeisten Fällen ist es nicht so, dass die Lebensmittel unverwendbar oder ungenießbar wären. In der landwirtschaftlichen Produktion z. B. wird Ware aussortiert, weil Farbe oder Form nicht der vorgegebenen Norm entsprechen, sie Druckstellen oder Wucherungen aufweist, der Reifezeitpunkt ‚unpassend‘ ist, Zeit oder Personal für die Ernte fehlt, die Logistik zu kompliziert oder kostspielig ist, langfristige Verträge und Abnahmezeiten nicht kompatibel sind, oder schlichtweg zu viel produziert wurde.

Die Gastronomie, der Groß- und Lebensmitteleinzelhandel planen ihren Einkauf u. a. saisonal und auf Basis von Erfahrungswerten, aber unvorhersehbare Einflüsse und Ereignisse tangieren ihre Planungen manchmal, und so wandern wertvolle Lebensmittel auch hier viel zu oft in den Müll.

Auch Verbraucherinnen und Verbraucher verkalkulieren sich bei Essenplanung, -einkauf und -verwendung aus vielen, häufig auch nachvollziehbaren, Gründen. Aber gerade sie können aktiv zu No Food Waste und Lebensmittelrettung beitragen, dabei zumeist noch Geld sparen und CO₂-Emissionen verringern.

Inzwischen machen viele Lebensmittelgeschäfte Produkte mit nur noch kurzem Mindesthaltbarkeitsdatum zu deutlich reduzierten Preisen explizit kenntlich. Portale und Apps vermitteln aus der Norm fallende Frischware, solche mit kurzem MHD, falschem Etikett oder beschädigter Verpackung bzw. überschüssige Lebensmittel und Gerichte aus dem LEH, oder von Bäckereien und Restaurants sehr viel günstiger.

Die Plattform toogoodtogo.de z. B. ist Teil des weltweit größten kommerziellen Marktplatzes für Lebensmittel und Speisen, die zu gut zum Wegwerfen sind. Sowohl Anbieter:innen als auch Käufer:innen registrieren sich in der App, lassen ihren Standort erfassen. Und am späten Nachmittag desselben oder Vormittag des nächsten Tages können die stark vergünstigten Lebensmittel oder Speisen bei den gewählten Geschäften und Restaurants in Empfang genommen werden. Über 20.000 Betriebe und 10,7 Millionen Nutzer:innen profitieren mittlerweile von diesem Win-Win-Angebot.

Sirplus.de hingegen ist eine Art Online-Supermarkt für Lebensmittel, die nicht der Norm entsprechen oder kurz vor oder nach dem Mindesthaltbarkeitsdatum stehen. Das Unternehmen kooperiert mit mehr als 700 Produktions-, Logistik- und Großhandelspartnern. Sirplus bietet Verbraucher:innen seit 2017 verschiedene Abo-Modelle, wie die Everyday-, Veggie- oder Bio-Vegane-Box, aber auch einzelne Lebensmittel an, die dann klimaneutral geliefert werden. Die Plattform versteht sich als Ergänzung der ca. 950 ehrenamtlich betriebenen Abholstellen des gemeinnützigen Tafel e. V. für Bedürftige, denen die Initiative jedoch stets den Vortritt lässt. Dennoch hat Sirplus seit seiner Gründung schon über 2.500 Tonnen Lebensmittel gerettet.

Der Verein foodsharing.de arbeitet bereits seit 2013 ähnlich wie die Tafeln. Täglich holen über 38.000 Ehrenamtliche in Deutschland, Österreich, Lichtenstein und der Schweiz überschüssige bzw. über Bedarf produzierte Waren ab; von nahezu 5.000 kooperierenden Produzenten, Bäckereien, (Bio-)Supermärkten, großen und kleinen LEH-Geschäften, Kantinen und Restaurants. Diese werden dann an fast eine halbe Million Vereine, Tafeln, Suppenküchen, Freunde, Familien und, zum Austausch von Lebensmitteln, an die öffentlich zugänglichen Sammelstellen, die sogenannten „Fairteiler“, gegeben. Über einen eigenen Account auf der Internetseite können auch Privatleute kostenlos „Essenskörbe“ einstellen bzw. Interessierte diese bestellen.

etepetete.de setzt mit der Rettungsmission, und zwar von Bio-Produkten, schon deutlich früher an. Das Unternehmen hat seit 2015 zusammen mit einem Netzwerk von landwirtschaftlichen Betrieben einen Pool für Obst und Gemüse nach EU-Bio-, Naturland- und Demeter-Standard geschaffen, das nur optisch nicht ganz der Norm entspricht. Diesen Teil der Ernten, der aufgrund dessen vernichtet oder zur Energie-Gewinnung zweckentfremdet würde, stellt etepetete aktuell zu sieben verschiedenen ca. 5 Kilogramm schweren Frische-Boxen zusammen. Diese können über ein jederzeit kündbares Abo-Modell in bestimmten Lieferintervallen bezogen werden. Obendrauf gibt es passende Rezepte zu den Obst- und Gemüsesorten. Deren Lieferketten sind nur kurz, denn das Unternehmen erhält die Ware direkt von den Erzeuger:innen. Die 120 Mitarbeitenden sortieren, verpacken und versenden in recyclebaren Verpackungen klimaneutral. Und zwar nur soviel Obst und Gemüse wöchentlich, wie die Kundschaft bei ihnen, und etepetete bei den Betrieben zu fairen und handelsüblichen Preisen bestellt hat.

À propos Rezepte: Auch zugutfuerdietonne.de, Internetseite und App des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, bietet Rezepte und darüber hinaus noch zahlreiche Tipps zu Planung, Lagerung und Verbrauch, um Lebensmittelrettung zu erleichtern.

Die Apps Restcepies und Restegourmet funktionieren ähnlich, aber noch unmittelbarer: hier gibt man ein, was weg muss und erhält dazu passende Rezeptvorschläge.

Eine andere Methode für No Food Waste ist das Food-Upcycling. Hierbei wird aus überschüssigem Obst z. B. ein Fruchtaufstrich, aus Gemüse ein Pesto und einige Start-Ups arbeiten inzwischen sogar mit vermeintlichem Lebensmittel-Abfall, aus dem sie innovativ schmackhaftes Essbares herstellen. In diesen Fällen ändert sich übrigens auch das MHD, d. h. der Timer wird wieder auf Null gestellt.

Auf diesem Gebiet engagiert sich z. B. rettergut.de. Das Unternehmen kauft Ware aus Überproduktion oder mit nur noch kurzer Lagerfähigkeit zu fairen Preisen ein. Die Suche ist häufig recht aufwändig und auch in die Rezepte-Entwicklung muss investiert werden, weshalb die Produkte der Rettergut-Dörrwerk GmbH nicht per sé und immer preiswert sind. Aber das Unternehmen ist seit 2014 erfolgreich und es gibt neben Aufstrichen, Suppen, Dips und Pestos aus Obst und Gemüse, auch Süßes und Snacks, Fruchtpapier, Schokolade und Pasta. Hochwertige leckere Produkte zu großem Teil aus ökologischem Anbau mit angemessenem Zuckergehalt, aber ohne unnötige Zugaben und Konservierungsstoffe, die klimafreundlich versendet werden. So konnten seit 2019 bereits mehr als 300 Tonnen Lebensmittel gerettet und über 370 Tonnen CO₂ oder das Gewicht von 60 Elefanten und 44 Erdumrundungen mit dem Auto eingespart werden.

Weil aber auch das Retten manchmal seine Grenzen hat, steckt nicht in jedem der Produkte exakt dieselbe Menge an geretteten Lebensmitteln, d. h. die Zusammenstellung der Zutaten kann variieren und manchmal müssen auch nicht gerettete Rohstoffe hinzugefügt werden, um Lebensmittelrettung möglich zu machen.

Allen Initiativen und Unternehmungen ist gemein, dass sie Verbraucher:innen sensibilisieren, informieren und zu Achtsamkeit anregen wollen. Sie initiieren Dialog zwischen Gesellschaft, Politik und Wirtschaft für eine größere Wertschätzung der Lebensmittel und der Menschen, die sie produzieren. Dafür investieren sie auch personell und monetär in Bildungs- Aufklärungs- und Praxisprojekte zu No Food Waste und Klimaschutz für die Verbraucher:innen von morgen.

Foto: Food Waste (Copyright: cottonbro studio - pexels.com)
Foto: Food Waste (Copyright: Rachel Claire - pexels.com)
Foto: Kartoffel in Herzform (Copyright: fabersam - pixabay.com)
Foto: verwachsene Karotten (Copyright: gs1703 - pixabay.com)

Fotos (v. o. n. u.):
© cottonbro studio – pexels.com,
© Rachel Claire – pexels.com,
© fabersam – pixabay.com,
© gs1703 – pixabay.com

Beitragsabbildung: © canva.com

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