Wann ist Förderung möglich und sinnvoll?
Eine gute Idee braucht Zeit zum Wachsen – und manchmal ein bisschen Unterstützung. Um die Chancen für die Vermarktung landwirtschaftlicher und ernährungswirtschaftlicher Produkte zu erhöhen, tourte das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (MULNV) mit einer Infoveranstaltung durchs Land.
Nach einem ersten Stopp im Münsterland wurden beim nächsten Termin am 12. März 2020 im Kreishaus Bergheim die Fördermöglichkeiten präsentiert. Die geplanten Termine für den Niederrhein sowie Süd- und Ostwestfalen sind aus aktuellem Anlass kurzfristig auf unbestimmte Zeit verschoben worden.
„Es zählt zu unseren wichtigen Aufgaben, das Image NRWs als Standort für hervorragende Lebensmittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse nach vorne zu bringen“, erklärte Simone Wildner vom Referat Agrarmarkt, Ernährungswirtschaft im MULNV. Gemeinsam mit dem Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz des Landes NRW (LANUV) entscheidet sie darüber, welche Maßnahmen wie gefördert werden können. „Die Marke NRW ist noch nicht so bekannt und wird nicht sofort mit guten Lebensmitteln assoziiert“, unterstrich sie die Wichtigkeit von Förderangeboten im Bereich Vermarktung. Sie richtete zunächst den Blick auf die Zahlen, die NRW im Ländervergleich unter den Agrarstandorten auf einem guten dritten Platz zeigen.
Die positiven Ergebnisse des Standorts NRW wären nicht möglich, wenn es die Landwirtschaft nicht gäbe, ist sich Simone Wildner sicher. Denn die Landwirte in NRW liefern die tollen Produkte, die zu hochwertigen Lebensmitteln verarbeitet werden und in großer Vielfalt angeboten werden. Darin liegen große Chancen, für mehr Wertschöpfung und mehr Wertschätzung. „Wir wollen in dieser Veranstaltung viele Impulse geben, damit Sie sich Projekte überlegen und die Vermarktung überdenken können.“
Jürgen Sons, der beim LANUV für das Fachgebiet regionale Vermarktung und Förderung zuständig ist, bestritt den Großteil des Programms, denn er stellte die Förderangebote dar. „Förderung zu erklären, geht hier im Vortrag nicht!“, betonte er zu Beginn. Sowohl bei Absatzförderprojekten als auch bei der Marktstrukturverbesserung seien die Zusammenhänge dafür zu komplex. „Um ein einzelnes Vorhaben mit einem Unternehmen durchzusprechen und zu einem Ergebnis zu kommen, brauche ich rund 1,5 bis 2 Stunden.“ Die Veranstaltung sollte statt einzelner Details einen Überblick geben, ob eine Förderung für die Zuhörer infrage kommt oder nicht.
Marktstrukturen verbessern
Das LANUV unterstützt mit einer Vielzahl von Förderprogrammen Unternehmen und Organisationen, aber auch Körperschaften des öffentlichen und des privaten Rechts. Die finanziellen Zuwendungen kommen vom Land Nordrhein-Westfalen, vom Bund und von der EU. Die Abwicklung der Maßnahmen und Projekte ist in den einzelnen Förderrichtlinien geregelt. Unter anderem ist darin festgelegt, wer als Zuwendungsempfänger infrage kommt, für welche Gegenstände eine Förderung gewährt wird und was bei der Umsetzung des Fördervorhabens zu beachten ist.
„Um Schritt zu halten und die Rohstoffe mit landwirtschaftlichem Bezug verarbeiten zu können, brauchen wir die verbesserte Marktstruktur“, stellte Jürgen Sons heraus, warum nach den Jahrzehnten, in denen viele Verarbeitungsstrecken verloren gegangen sind, eine solche Förderung zur Verfügung steht. Doch während früher kaum Mittel aus dem Fördertopf abflossen, stünden heute nicht mehr unendlich viele Mittel zur Verfügung. „Es ist ein Wettbewerb um die besten Projekte entstanden – sowohl in der Marktstrukturverbesserung als auch in der Absatzförderung.“ Außerdem gab Jürgen Sons zu bedenken, dass es nicht für jedes Projekt sinnvoll sei, eine Förderung anzunehmen, da damit auch entsprechende Vorgaben verbunden sind, wie beispielsweise eine förderzweckgebundene Nutzung von Gebäuden. „Wenn wir das vor Ort prüfen, werden Sie sehr schnell für sich sagen: Das passt oder das passt nicht“, machte Sons Werbung für eine persönliche Beratung. Das Angebot bestehe, mit Interessenten vor Ort oder telefonisch, eine kostenlose Erstberatung zu führen.
Mit gutem Beispiel voran
Beim Thema Absatzförderung hatte Jürgen Sons viele Beispiele mitgebracht. Anhand der Fälle, die jetzt schon unterstützt werden, verdeutlichte er, wie die einzelnen Förderzwecke gedeutet werden können. „Ich habe es in diesem Land in den ganzen Jahren so erlebt, dass für gute Projekte immer auch irgendwie Geld gefunden wurde“, unterstrich er, dass sich eine Beratung lohnt. Man könne sich die Projektidee gemeinsam anschauen und dann herausfinden, welche Förderung am besten dazu passt und die größten Vorteile bietet.
Ein Beispiel brachte Franz-Josef Dickopp mit dem Verein Ernährung-NRW e.V. Dieser hat sich zum Ziel gesetzt, den regionalen Produkten aus Nordrhein-Westfalen zu einem höheren Bekanntheitsgrad und einem besseren Image zu verhelfen. Der Verein strebt den kontinuierlichen Aufbau eines Netzwerks entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Agrar- und Ernährungswirtschaft in NRW an. So werden durch einen kontinuierlichen Informationsaustausch und gemeinsame Aktionen im Bereich Regionalmarketing die Unternehmen gestärkt und der Absatz gefördert.
Lee Greene, Co-Gründerin des Foodhub NRW, rundete die Informationsveranstaltung mit inspirierenden Beispielen aus dem Umfeld der Innovationsplattform ab. Diese „Community“ vernetzt Akteure der Agrar- und Lebensmittelbranche vom Feld zum Regal, um gemeinsam zukunftsgerichtete Lösungen für die Branchen zu entwickeln. Vom Standort in Düsseldorf beobachtet Foodhub NRW auch intensiv die Trends und Innovationen in der Ernährungsbranche. Insgesamt diagnostizierte Lee Greene eine Verlagerung hin zu mehr Individualität, Mobilität und Nachhaltigkeit bei den Generationen, die in den kommenden Jahren die Entscheidung über Lebensmitteleinkäufe treffen werden. „Häufig höre ich das Argument: Das kauft ja eh keiner. Die Konsumenten von morgen wollen aber etwas anderes und darauf müssen wir uns einstellen!“, war ihr wichtig zu vermitteln. Das bedeute nicht, dass man direkt alles stehen und liegen lassen müsse für etwas Neues, sondern dass man die Trends auf sich wirken lassen sollte und vielleicht Anregungen bekommt, wohin die Reise im eigenen Unternehmen gehen könnte.
Dass manche utopisch anmutenden Konzepte auch in NRW bereits vertreten sind, machten die Praxisbeispiele deutlich. Und nebenbei gab es auch noch ein paar Ideen, wie man sich auf einen veränderten Markt in den nächsten zehn Jahren einstellen kann. Zum Beispiel durch eine Diversifizierung mit Algen oder indem die Rübenschnitzel nicht mehr als Schweinefutter, sondern als Verpackungsmaterial genutzt werden. „Wir können Fleischersatz nicht als Spinnerei abtun – es ist etwas, das Verbraucher tatsächlich haben wollen“, forderte Lee Greene die Zuhörer auf, sich auf sich abzeichnende Trends einzulassen. Daraus können sich auch Ideen ableiten, die zu neuen förderfähigen Projekten führen.
Abbildung Einladungsflyer: © Panthermedia/Subbotina
Foto (v.l.n.r): Thomas Kuhls, Wirtschaftsförderung Rhein-Erft GmbH; Jürgen Sons, LANUV; Simone Wildner, MULNV; Franz-Josef Dickopp, Ernährung-NRW e.V.
Fotonachweis: Kathrin Ernsting
Der Originaltext erschien in der LZ Rheinland im März 2020