Regionalität zu fairen Preisen im Lebensmitteleinzelhandel
Das Jahr 2021 ist bereits 4 Wochen alt und zeigt sich von einer Seite, die in Deutschland so noch nicht gehabt hat. Jede Art von persönlicher oder geschäftlicher Planung oder Aktivität ist mit einem hohen Unsicherheitsfaktor versehen. Bedingt durch die Pandemie und politische Unwägbarkeiten werden die Geschäftsbeziehungen zwischen Herstellern und Handel zusätzlich belastet und Partnerschaften strapaziert. So geschieht es aktuell zwischen den landwirtschaftlichen Erzeugern und dem Lebensmitteleinzelhandel. Auf der einen Seite fallen für Produzenten große Exportmärkte, z. B. durch die Afrikanische Schweinepest, oder ganze Absatzkanäle wie Gastronomie, Hotels, Kantinen durch den Lockdown völlig aus. Andererseits steht der Handel vor einem veränderten Einkaufs- und Konsumverhalten mit mehr Onlinekauf oder Direktzustellung oder er muss die steigenden Nachfrage nach regionalen Produkten erfüllen. Dies zeigt die positive Entwicklung der Direktvermarktung über die Hofläden.
Die deutlich unterschiedliche Interessenlagen zwischen Hersteller und Handel sind zwar im Grundsatz nicht neu, haben aber in den letzten Wochen eine außergewöhnliche Form angenommen.
Bauern protestieren mit Blockaden vehement gegen den Einzelhandel, um ihren Forderungen nach besseren Erzeugerpreisen Nachdruck zu verleihen. Durch die Proteste sieht sich Lidl als erstes Handelsunternehmen veranlasst, auf die Bauern zu zugehen und mit einer Spende von 50 Millionen Euro zu unterstützen. Die Mittel sollen die durch Corona und die Afrikanische Schweinepest verursachten Schwierigkeiten abfedern. Dieses Vorgehen und weitere Maßnahmen der anderen großen Handelskonzerne werden zwar von Seiten des Bauernverbandes anerkannt, reichen aber nicht aus, um die grundsätzlichen Probleme zwischen Landwirtschaft und dem gesamten Lebensmitteleinzelhandel zu lösen. Notwendig ist eine „grundlegende Veränderung in der Zusammenarbeit zwischen Bauern und dem Handel“ sagte Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, der Wirtschaftswoche im Dezember vergangenen Jahres. Es wird gemeinhin eine höhere Gesprächsbereitschaft des Handels von Seiten der Bauern gefordert, aber auch eine bessere Kommunikation wird offensichtlich als notwendig erachtet.
Nun hat das auskömmliche Verhalten beider Seiten auch für das Land Nordrhein-Westfalen einen hohen Stellenwert. Das Bundesland ist das drittgrößte Agrarland in Deutschland. Mehr als 100.000 Beschäftigte erwirtschaften in 30.000 Betrieben pro Jahr einen Produktionswert von mehr als sieben Milliarden Euro. „Das Bewusstsein für Lebensmittel und die Art und Weise der Herstellung ist in der Corona-Zeit weiter gestiegen. Regional erzeugte Lebensmittel sowie die artgerechte Haltung von Tieren werden zunehmend zum Kaufkriterium“, betont Landwirtschaftsministerin Heinen-Esser. Vor diesem Hintergrund ist es von hoher Bedeutung, dass es eine Dialogform zwischen allen Beteiligten in der Wertschöpfungskette gibt, auf der man sich auf Augenhöhe begegnet und gegenseitig wertschätzt.
Hier sieht sich auch der Verein Ernährung-NRW e. V. in der verantwortlichen Rolle als Vermittler und Koordinator entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Erzeugung über die Produktion bis zum Handel. Der Verein hat sich zur Aufgabe gestellt, alle Beteiligten der Land- und Ernährungswirtschaft sowie des Ernährungshandwerks in NRW miteinander zu vernetzen. Über regelmäßige Informations- und Dialogangebote und Aktionen wird den verschiedenen Ziel- und Interessengruppen eine Plattform geboten, die zu erfolgreichen, partnerschaftlichen Beziehungen führt. Der Verein strebt die Kooperation mit Unternehmen aus Anbau, Ernte, Handwerk, Verarbeitung bis zum Handel an, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und den Absatz von regionalen Produkten aus NRW zu fördern.
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