Regionale Imkerei mit Zertifikat – der sichere Weg zu heimischem Honig
Bienen begeistern die Menschen in Nordrhein-Westfalen, in den letzten Jahren hat sich ein regelrechter „Bienen-Boom“ entwickelt. Auch in den großen Städten des Landes entdecken immer mehr Menschen die Imkerei für sich und halten Bienenvölker in Gärten, auf Balkons oder Dächern. Die beiden Imkerverbände in NRW verzeichneten zuletzt einen jährlichen Zuwachs von 800 bis 1.000 Mitgliedern. Etwa 17.000 Imkerinnen und Imker mit ca. 107.000 Bienenvölkern betreiben die Imkerei in NRW meist nebenerwerblich in ihrer Freizeit und rund 95 Prozent des regionalen Honigs stammt von Freizeitimkern. Für die restlichen 5 Prozent stehen lediglich 15 bis 20 Erwerbsimker. Vom Trend zur Regionalität profitiert auch der heimische Honig, der immer öfter in den Sortimenten des Handels zu finden ist.
Mit 3 bis 3,5 Tonnen Honig liegt NRW im Bundesvergleich an dritter oder vierter Stelle. Deutschland ist drittgrößter Honig-Produzent in der EU. Trotz dieser Zahlen reicht das noch lange nicht, der Selbstversorgungsgrad in Deutschland liegt bei lediglich 20 Prozent.
Auch für den Honig und seine Herstellung gelten feste Regeln. Honigerzeugnisse müssen den Anforderungen der ‚Honigverordnung‘ und den geltenden EU-Richtlinien entsprechen. Die einfachste Regel lautet: „Honig dürfen keine Stoffe zugefügt oder entzogen werden“. Außerdem gilt u. a.: Wenn explizit einzelne Blütenarten auf dem Honiggebinde genannt werden, muss der enthaltene Honig auch überwiegend aus dem Nektar dieser Pflanzen stammen. Vor dem Supermarktregal können Verbraucherinnen und Verbraucher allerdings kaum differenzieren, woher der Honig genau kommt. Die Herkunftsangabe muss lediglich einen Hinweis auf das Herkunftsland enthalten, weshalb Honig aus der Region leider nur schwer zu identifizieren ist.
Ohne Sachkunde geht es auch in der Imkerei nicht, erst recht, wenn der geerntete Honig in Verkehr gebracht wird. Denn dann werden Imkerin und Imker nach Lebensmittelrecht zu Lebensmittelunternehmerinnen bzw. -unternehmern und sie sind für Sicherheit und einwandfreie Beschaffenheit ihres Honigs verantwortlich.
Das verlangt nach Standards für die Qualitätssicherung, auch mit Blick auf die Anforderungen des Lebensmitteleinzelhandels. Daher haben beispielsweise die Landwirtschaftskammer NRW und der Landesverband Westfälischer und Lippischer Imker mit dem ‚QM Honig & Imkerei‘ ein Konzept zur Zertifizierung von Imkereibetrieben entwickelt.
Über das ‚Bieneninstitut Münster‘ hält die Landwirtschaftskammer auch ein breites Beratungs-, Informations- und Schulungsangebot rund um Biene und Honig vor. Daneben ist die Einrichtung in Bienenzucht, Krankheitsuntersuchungen, Ausbildung, Qualitätskontrollen bei Honig sowie mit gutachterlichen Tätigkeiten und im Versuchs- und Beobachtungswesen engagiert.
Dr. Marika Harz leitet als Referentin für Bienenkunde das Bieneninstitut. Im Video informiert sie über die Aufgaben und erläutert, warum immer mehr heimische Imkereien eine Zertifizierung anstreben.
Ganz egal ob Freizeit- oder Berufsimkerei, die entsprechende Vorbildung vorausgesetzt leisten beide einen wichtigen Beitrag zur Arterhaltung und Vielfalt von Bienen. Die Natur braucht die Honigbiene aus mehreren Gründen. Sie trägt über ihre Bestäubungstätigkeit zur Förderung einer artenreichen Pflanzengesellschaft bei und sorgt damit für Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren. Und in der Landwirtschaft ist die Bestäubungsleistung der Bienen ein wesentlicher Punkt für die Erträge vieler Nutzpflanzen. Damit ist die Honigbiene in vielerlei Hinsicht systemrelevant.
Allerdings wurde die Bedeutung der Bienen lange Zeit aus den Augen verloren. Im Gegenteil, zahlreiche Faktoren in Umwelt, Landwirtschaft und Landschaftsbild entwickelten sich sehr zum Nachteil für Honig- und Wildbienen und weitere Pollen sammelnde Arten. Vielerorts fehlt es an blühenden Pflanzen und damit einfach an Futter für die Insekten.
Glücklicherweise gibt es seit einigen Jahren eine Gegenbewegung. Durch die gestiegene Aufmerksamkeit für das Thema Insektenschutz rückte auch das Thema Bienen in den Vordergrund. Angesichts eines regelrechten Insektensterbens wurden u. a. für die Landwirtschaft Maßnahmen zum Insektenschutz beschlossen. Auch die besonders wichtigen Blühstreifen werden gezielt gefördert. Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) hat zusammen mit der Stiftung Westfälische Kulturlandschaft beispielsweise die Aktion „Blühendes Band durch Bauernhand“ ins Leben gerufen. Dafür wurde Landwirten jetzt bereits im vierten Jahr kostenloses Saatgut mit speziellen Blühmischungen zur Verfügung gestellt, das sie freiwillig auf eigenen Flächen aussäen und dort auf Ertrag verzichten. 2021 reichte das Saatgut für über 1.000 Kilometer zusätzlicher Blühstreifen. Der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV) hat „Blüh-Patenschaften“ initiiert. Darin bieten teilnehmende Landwirte Verbraucherinnen und Verbrauchern für einen vereinbarten Preis bestimmte Blühstreifen-Teilstücke an und stellen diese Flächen für den Artenschutz zur Verfügung.
Für Imker und Honigliebhaber empfiehlt sich ein Besuch des nächsten „Apisticus-Tages“. Das größte Fortbildungsforum mit Imkermesse für die Freizeitimkerei in Deutschland wird vom 26. bis 27.02.2022 in Münster stattfinden. Teil der Messe ist die Via Miéle, eine Verkostungsstraße mit tollen Produkten aus und mit Honig.
Fotos: Biene an der Blüte, Bienen auf mit Honig gefüllten Waben, Bienenstand am Bieneninstitut, Biene sammelt Nektar (© jumpr.com),
Video: © jumpr.com