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Ernährung-NRW in der Lebensmittelzeitung

Im Folgenden lesen Sie das Interview der Lebensmittelzeitung mit der Redakteurin Judit Hillemeyer und dem Vorsitzenden von Ernährung-NRW e. V., Andreas Heinz.

„Jüngere nehmen Handelsmarken wie Markenartikel wahr“

Um Kreislaufwirtschaft zu realisieren, kooperieren Betriebe in Nordrhein-Westfalen – Viele leiden unter Klimawandel, Kosten, Kriegen und Bürokratie

 

Unter dem Slogan NRW is(s)t gut engagieren sich Betriebe aus Agrarwirtschaft, Lebensmittelhandwerk und Ernährungswirtschaft für eine regionale Wertschöpfungskette. Wie beurteilen Sie die Bereitschaft zu Kooperationen im eigenen Bundesland?

Der Mitgliederkreis ist vielfältig, das heißt Betriebe aus der Landwirtschaft und Unternehmen der Ernährungswirtschaft machen die Hälfte der Mitglieder aus. Die andere Hälfte setzt sich zusammen aus den Schutzgemeinschaften aus Nordrhein-Westfalen, dem Lebensmitteleinzelhandel, dem Lebensmittelhandwerk, Verbänden sowie Kantinen und Großküchen. Wir und die Unternehmen tauschen uns bei vielen Gelegenheiten mit Kooperationspartnern aus. Eine gelungene Kooperation ist aus unserer Sicht die Initiative #AusGutemGrundAusNRW. Sie wurde von drei Partnern ins Leben gerufen: der Landesvereinigung der Milchwirtschaft, mein-ei.nrw und dem Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband. Sie stehen für die ursprünglich regionalen Lebensmittel Ei, Fleisch, Getreide und Milch. Die Inflation ist zurückgegangen, dennoch beklagen viele mittelständische Betriebe hohe Belastungen.

Wo liegen die größten Herausforderungen für Unternehmen in NRW?

Mittelständische Betriebe in Nordrhein-Westfalen sind vielfältigen Herausforderungen ausgesetzt. Das fängt bei der Rohwarenbeschaffung an, geht über die Energiekrise bis hin zu Bürokratiehürden und Klimaerwärmung. Geopolitische Krisen wie der Ukraine-Krieg, die Bauernproteste in Polen, aber auch die Angriffe der Huthi-Rebellen im Jemen und seinerzeit die Sperrung des Suezkanals zeigen die Verletzbarkeit der globalen Wertschöpfungsnetzwerke. Im Zuge der Erderwärmung breiten sich Schädlinge und Krankheiten immer weiter aus. Das macht die Landwirtschaft noch unberechenbarer und damit auch den Einkauf von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, die wir für die Lebensmittelproduktion benötigen. Im Hinblick auf energieintensive Prozesse, insbesondere in Bereichen wie Lebensmittelverarbeitung und Kühlung, können wir etwas aufatmen.

Die Land- und Ernährungswirtschaft unterliegt einer Vielzahl von Vorschriften und Regulierungen. Ähnliches hören wir aus dem Lebensmittelhandwerk und anderen Bereichen. Der Klimawandel stellt uns vor Herausforderungen. Durch die fehlenden Frostperioden im Winter ist die Einsaat nur noch in kleineren Zeitfenstern möglich, so dass für das Einbringen der Saat für Wintergetreide zwei bis drei Monate im Jahr fehlen.

Viele Konsumenten haben während der Inflation verstärkt zu kostengünstigen Handelsmarken gegriffen. Hat sich die Situation für Markenhersteller entpannt?

2023 war das Jahr der Discounter. Es braucht wieder rationale und emotionale Gründe, dass Konsumentinnen und Konsumenten die Discounter verlassen und wieder im Super- oder Verbrauchermarkt einkaufen. Das gleiche gilt für Handelsmarken. Wenn ich zufrieden bin mit Qualität und Preis, wechsle ich nicht unbedingt wieder zum Markenhersteller. Die Handelsmarken werden heute gerade von jüngeren Käufern wie Markenartikel wahrgenommen. Das liegt daran, dass diese eine starke Innovationskraft haben und ein breites und tiefes Sortiment aufweisen. Außerdem sehen sie gut aus. Ein gutes Beispiel sind dafür die Bio-Handelsmarken. Deren Wachstum war in den vergangenen Jahren bemerkenswert. Bei Handelsmarken denke ich aber auch an die faire Bezahlung der Hersteller durch den Lebensmitteleinzelhandel. Die Händler inszenieren einen ruinösen Wettbewerb zwischen den Herstellern. Das neueste Beispiel dafür ist das Familienunternehmen Stute aus Nordrhein-Westfalen. Es musste für einige Gesellschaften Insolvenz anmelden.

Sind Sie zufrieden mit der Unterstützung des Einzelhandels beim Thema Regionalität?

Wir kooperieren intensiv mit den großen Lebensmitteleinzelhändlern Rewe und Edeka. Diese setzen weiterhin sehr stark auf regionale Lebensmittel. Die drei Hauptgründe für den Kauf derselben sind der Wunsch, die Landwirtschaft aus der Umgebung zu unterstützen, kurze Transportwege und dadurch geringere C02-Emissionen sowie die frische Qualität. Mit unserem Produktzeichen ‚NRW Geprüfte Qualität‘ gibt Ernährung-NRW e. V. Produzenten und Herstellern aus Nordrhein-Westfalen die Möglichkeit, ihre regionalen Produkte zu kennzeichnen. Und darauf setzt auch der LEH. Wir wünschen uns, dass auch andere große Einzelhändler das Konzept unterstützen.

Viele Unternehmen beklagen in Deutschland einen Mangel an Arbeitskräften. Wie ist die Situation der Lebensmittelbranche in NRW?

Der Fachkräftemangel ist auch in der Lebensmittelbranche deutlich zu spüren. Es gibt viele offene Stellen, aber zu wenig Arbeitskräfte. Deshalb wird es immer wichtiger, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Das gilt nicht nur für Fachkräfte, sondern genauso für Saisonarbeitskräfte. Es spricht sich schnell herum, wer mit seinen Arbeitnehmerinnen und -nehmern gut umgeht und sie gut bezahlt. Aber es ist nicht nur das. Zunehmend spielen Faktoren wie flexible Arbeitszeiten, Remote Work, eine gute Work-Life-Balance und reichlich Raum zur Selbstverwirklichung eine Rolle. Es wird für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens in Zukunft eine Rolle spielen, ob es dem Wertewandel gerecht wird.

juh/lz 21-24

Quelle: Lebensmittelzeitung Länderreport Nordrhein-Westfalen, Ausgabe 21 vom 24. Mai 2024

Abbildung: © canva.com

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