„Einfach machen“ – Kantine der Zukunft
Der Wunsch der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen nach mehr regionalen Lebensmittel drückte sich zuletzt auch in einer Umfrage des NRW-Landwirtschaftsministeriums aus. Im privaten Haushalt kann der Bedarf hierzulande bereits in vielen Produktbereichen im Handel und bei Direktvermarktern abgedeckt werden.
Wie aber sieht es im Bereich der Außer-Haus- und Gemeinschaftsverpflegung aus, über deren Angebote viele Menschen im Land – in normalen Zeiten – einen wesentlichen Teil ihrer täglichen Ernährung abdecken? Denn auch Schul- und Firmenkantinen, Mensen, Großküchen in sozialen Einrichtungen oder Caterer stehen vor der Herausforderung, mehr regionale, saisonale oder auch Bio-Erzeugnisse in ihre Menüs einzubauen.
Unterstützung erfährt das Thema Nachhaltigkeit in der Gemeinschaftsverpflegung beispielsweise über das Projekt „NRW KANtinen Nachhaltig gestalten“ (NRW KANN). Hier initiiert das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW Qualifizierungs- und Schulungsangebote für Kantinen der Landeseinrichtungen zur Unterstützung einer nachhaltigen und gesunden Ernährung und die Optimierung der Verpflegung.
Neben dem Willen der Entscheider und dem Mut zur Veränderung bedarf es jedoch programmatischer und konzeptioneller Unterstützung und professioneller Beratung verbunden mit der stärkeren Vernetzung aller Beteiligten. Insbesondere Letzteres kann der Ernährung-NRW e. V. bedienen. Zu den Mitgliedern zählen regionale landwirtschaftliche Erzeuger und Betriebe, die die große Bandbreite von Gemüse und Obst bis hin zu Fleisch, Eiern und Milcherzeugnissen abbilden, ebenso wie Großhandelsunternehmen und Caterer mit entsprechendem Bedarf an regionalen Produkten.
Die Rullko Großeinkauf GmbH & Co. KG in Hamm versteht sich als Lösungsanbieter für Gemeinschaftsverpflegung und Gastronomie, der auf den gestiegenen Bedarf an Lebensmitteln aus Nordrhein-Westfalen eingegangen ist. „Unsere Produktlinie ‚Rullko Regional‘ entwickelt sich sehr gut. Unsere Kunden fragen immer mehr regionale Artikel nach. Diese haben kürzere Wege und Transportzeiten, sind somit frischer und weniger Umwelt belastend. Frische, hochwertige Zutaten, Transparenz und Kreativität sind gleichzeitig auch die beste Basis für attraktive und gesundheitsförderliche Speisen. Auch Gesundheitsbewusstsein und Lebensmittelqualität stehen sehr im Fokus unserer Kunden“, weiß Marie-Christine Ostermann, geschäftsführende Gesellschafterin, zu berichten.
Regional und bio werden auch in der Gemeinschaftsverpflegung häufig in einem Atemzug genannt. Kann das Unternehmen diese Entwicklung bereits bedienen? „Wir haben die Bio- und MSC/ASC-Zertifizierung und bieten auch Bio-Produkte an. Allerdings werden diese nur sehr ausgewählt für einzelne Gerichte von Kunden nachgefragt, da sie deutlich teurer sind als herkömmliche Produkte, die ebenfalls eine sehr gute Qualität haben. Aufgrund des Kostendrucks in der Gemeinschaftsverpflegung werden Bio-Produkte als Highlight und zur Abwechslung im Speiseplan eingesetzt“, so die Erfahrung von Marie-Christine Ostermann.
Es gibt Beispiele u. a. aus Dänemark und Frankreich, die mit einem ganzheitlichen Ansatz – kleinere Portionen, saisonale Zutaten, lokale Produzenten, weniger Fleisch, mehr Obst und Gemüse, bessere Qualität und mehr Bio – erfolgreich und kostendeckend arbeiten. Eine Strategie, die der Gemeinschaftsverpfleger Rullko für durchaus übertragbar hält. Gerade Produkte, die aus der Region bezogen würden, seien obendrein auch häufig günstiger und den Kunden sei zunehmend wichtig, auf diesem Wege die Region zu unterstützen, in der diese hochwertigen Lebensmittel angebaut und produziert wurden. „Ein ganzheitlicher Ansatz entspricht der nachhaltigen Herangehensweise. Die Portionsgröße ist hier auch ein wichtiger Faktor, weil wir alle vermeiden wollen, dass Lebensmittel unnötig weggeschmissen werden.“
Ein funktionierendes Miteinander von Erzeugern, Handelspartnern, Caterern und Gemeinschaftsverpflegern profitiert von Kommunikation, Information, Austausch und Netzwerken. Ernährung-NRW könne für all dies eine übergeordnete Instanz und ein Bindeglied – gerade in immer digitaleren Zeiten – sein, findet Frau Ostermann. Aber auch Projekte wie „NRW KANN“ könnten der Branche zuarbeiten, Schulungen und Qualifizierungsmaßnahmen zu nachhaltiger, gesunder Ernährung anbieten, analoge und digitale Plattformen schaffen, diese Angebote sichtbar machen und einen einheitlichen Standard für die Kriterien von Regionalität definieren.
Fotos: Marie-Christine Ostermann, Rullko Zentrallager und Rullko Großmarkt (© rullko.de)
Fotos: Rebional Geschäftsführer Oliver Kohl und Klaus Richter (v.l.n.r.), Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer Rebional Küche, Zubereitung eines Tellergerichts (© rebional.de)
Auch ein Vorbild für die „Kantine der Zukunft“ identifiziert Marie-Christine Ostermann. „Ein Leuchtturmprojekt aus NRW ist auf jeden Fall der Bio Gastronom für Gemeinschaftsverpflegung Rebional, der hier vorbildlich für nachhaltiges, gesundes und regionales Essen steht und seine Verpflegungsmarke auch sehr sichtbar in die Öffentlichkeit transportiert“, lobt sie. Rullko ist ein Partner der Rebional GmbH aus Herdecke und wie diese Mitglied im Ernährung-NRW e. V.
Die Kochkunst und die Esskultur in der Gemeinschaftsverpflegung nachhaltig besser zu machen, lautet die Vision von Rebional. „Für uns ist der Ansatz: so regional wie möglich“, erklärt Geschäftsführer Klaus Richter. Mindestens 30% aller Lebensmittel in jeder Küche, die Rebional bundesweit managed oder betreibt, werden in Bio-Qualität gekauft von ausschließlich regionalen, in der Regel mittelständischen Lieferanten. Alle frischen Produkte wie Obst, Gemüse, Backwaren und Fleisch kommen über den kurzen Lieferweg direkt aus der Region.
Rebional hat einen hohen Qualitätsanspruch, der nicht unterschritten wird, auch wenn das Unternehmen vorwiegend im sozialen Markt tätig ist, wo der Preisdruck in der Gemeinschaftsverpflegung am größten ist. Wenn in Verhandlungen das Kostenargument angeführt wird, ist Rebional in der Lage, den Regional- und Bio-Anteil der Küchen in authentischer und transparenter Weise gemeinsam mit den Kunden passgenau zu entwickeln. Kann beispielsweise die Fleischquote gesenkt und der grüne Anteil erhöht werden, muss an jedem Tag ein Dessert enthalten sein, sind mögliche Fragestellungen. Klaus Richter sieht eines der größten Probleme darin, dass in der Hälfte aller Großküchen das Geld an Prozesse verschwendet und nicht für Produkte investiert wird. Durch entsprechend abgestimmtes Management könne man trotz eines hohen Bio-Anteils oft sogar günstiger werden als vor der Umstellung.
Jedoch kann nicht der komplette Bedarf an Produkten in Bio-Qualität über einzelne Lieferanten aus der Region gedeckt werden. Eine Lösung ist beispielsweise die Bündelung über Genossenschaften, die mit Landwirten aus der Region zusammenarbeiten. Klaus Richter denkt hier noch weiter: „Meine Vision ist immer noch, dass wir einen Partner finden, der nur für uns anbaut.“ Um den Bedarf für einzelne Rebional-Standorte besser vor Ort abdecken zu können, schwebt ihm eine noch engere Kooperation mit Landwirten vor. In Wesel arbeitet Rebional über eine Apfelbaumpatenschaft mit einer Obstplantage zusammen. In Hessen wurde ein Projekt mit einem Bio-Landwirt gestartet, in dem die Fruchtfolge gemeinsam abgestimmt wurde, um so für festgelegte Zeiträume einzelne Produkte in definierten Mengen verfügbar zu machen. Solche Formen der Zusammenarbeit wünscht sich Richter mit mehr Betrieben.
Diesbezüglich führt er auch Benefits über das Netzwerken im Ernährung-NRW e. V. an. Von langjährigen Partnerschaften profitieren alle Beteiligten. Gleichzeitig kann der Verein als Instanz der Ernährungswirtschaft des Landes nachhaltige Überzeugungsarbeit leisten, in Richtung der Mitglieder und in Richtung der Politik.
Rebional agiert seit jeher nachhaltig: „Es geht uns um unsere grundsätzliche Haltung: Wir möchten in Sachen Nachhaltigkeit nachweisbar aktiv und transparent handeln. Und zwar dauerhaft. Wir möchten so arbeiten, dass wir der Gesellschaft etwas zurückgeben. Ressourcen müssen geschützt werden, damit die folgenden Generationen gesichert leben können. Diese Verantwortung trägt jedes Unternehmen, und wir arbeiten mit Herz und Verstand daran, dies zu gewährleisten“, fasst Klaus Richter zusammen. Sein Credo ist „einfach machen“.